Amnesty Report Finnland 16. April 2020

Finnland 2019

Mehrere Menschen demonstrieren, sie halten Schilder mit der Aufschrift "Dont send Afghans back"

Amnesty-Demonstration in Helsinki gegen die Abschiebung von Asylsuchenden nach Afghanistan im Oktober 2018

Veränderungen des Asylverfahrens schränkten die Rechte von Asylsuchenden weiter ein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte fest, dass Finnland im Fall eines irakischen Asylsuchenden den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement) verletzt habe, der es verbietet, Personen in ein Land abzuschieben, in dem ihnen Verfolgung droht. Die Hilfsangebote für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen waren, blieben auch 2019 unzureichend. Die Gesetze zur Änderung des amtlichen Geschlechts verstießen gegen die Rechte von Transgeschlechtlichen.

 

Flüchtlinge und Asylsuchende

Im November erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Finnland im Fall eines irakischen Asylsuchenden, der im Dezember 2017 in den Irak abgeschoben wurde und dort wenige Wochen später getötet wurde, gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen habe. Laut dem Gerichtshof waren relevante Fakten, darunter die Gefahr, der der Asylsuchende bei seiner Rückkehr ausgesetzt sein würde, nicht in angemessener Weise berücksichtigt worden. 

Im Jahr 2016 verabschiedete Gesetzesänderungen, darunter Einschränkungen des Zugangs zu kostenloser rechtlicher Vertretung sowie verkürzte Fristen für Rechtsmittel setzten Asylsuchende nach wie vor der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen aus wie zum Beispiel der Zurückweisung. Die Rechte Asylsuchender wurden im Juni 2019 weiter beschnitten, als Veränderungen der Ausländergesetze es ermöglichten, Abschiebebescheide zu vollziehen, während über die ersten dagegen eingelegten Rechtsmittel noch nicht entschieden war. 

Finnland schob nach wie vor Asylsuchende, deren Anträge abgelehnt worden waren, nach Afghanistan ab. 

Die Behörden inhaftierten weiter unbegleitete Minderjährige und Familien mit Kindern aufgrund ihres Migrationsstatus. Es gab 2019 keine zeitliche Begrenzung für die Inhaftierung von Familien mit Kindern. 

Die Familienzusammenführung blieb für die meisten Flüchtlinge aufgrund gesetzlicher sowie praktischer Hindernisse schwierig, unter anderem wegen hoher Einkommensanforderungen.

 

Polizei und Sicherheitskräfte

2019 starben Berichten zufolge mindestens drei Personen durch Polizeigewalt. In mindestens zweien dieser Fälle kamen Elektroschockpistolen (Taser) zum Einsatz. Der Oberste Gerichtshof ließ das Einlegen von Rechtsmitteln im Fall eines Polizeibeamten zu, der wegen übermäßiger Gewaltanwendung für schuldig befunden worden war, als er im Jahr 2015 eine Taser-Pistole gegen eine unbewaffnete Person einsetzte. 

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intergeschlechtlichen (LGBTI)

Die Gesetze zur Änderung des amtlichen Geschlechts verstießen 2019 nach wie vor gegen die Rechte von Transgender. Diese konnten nur dann eine Änderung ihres amtlichen Geschlechts vornehmen lassen, wenn sie über 18 waren, in eine Sterilisierung einwilligten und eine psychische Störung diagnostiziert bekommen hatten. 

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

In Tampere, Turku und Kuopio wurden drei neue Anlaufstellen für Betroffene sexualisierter Gewalt eingerichtet. Jedoch blieben NGOs und staatliche Einrichtungen, die sich für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen einsetzten, systematisch unterfinanziert, und es gab kein landesweit zugängliches Netzwerk für Opfer aller Formen sexualisierter Gewalt, das auch langfristige Unterstützung angeboten hätte. Die Gesetze über Vergewaltigung standen noch immer nicht im Einklang mit internationalen Standards, wie sie in der Istanbul-Konvention festgeschrieben sind, da die Definition von Sexualstraftaten nicht auf dem Zustimmungsprinzip basierte. Die bestehenden Gesetze schützten weder Minderjährige noch Personen, die in Einrichtungen oder Krankenhäusern lebten, ausreichend vor sexualisierter Gewalt.

Recht auf Privatleben

Im Juni trat ein neues Gesetz in Kraft, das es militärischen und zivilen Geheimdiensten erlaubt, auch ohne Hinweis auf eine konkrete Straftat mithilfe der Überwachung von Kommunikationskanälen Informationen über mutmaßliche Bedrohungen der nationalen Sicherheit zu sammeln. 

Kriegsdienstverweigerer

Kriegsdienstverweigerer, die es ablehnten, den alternativ angebotenen Zivildienst zu leisten, waren nach wie vor von Strafmaßnahmen und Diskriminierung bedroht. Mit 347 Tagen ist der Zivildienst mehr als doppelt so lang wie die kürzeste militärische Dienstzeit von 165 Tagen. 

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Die Höhe vieler Leistungen der Sozialversicherung, darunter Arbeitslosen-, Eltern- und Krankengeld blieb unter den von der Europäischen Sozialcharta vorgegebenen Werten. 

Rechte indigener Gemeinschaften

Finnland ratifizierte auch 2019 nicht das Übereinkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation – ILO), das die Rechte der indigenen Sámi schützen würde.

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